CDU-Stadtverband Tübingen

Integration/Inklusion behinderter Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Podiumsdiskussion des Stadtverbandes der CDU Tübingen

Gemeinsames Lernen von behinderten und nicht behinderten Schülern soll künftig der Regelfall werden. Eine der Folgen der UN-Behindertenrechtskonvention, die im vergangenen Jahr in Deutschland in Kraft trat. Der Stadtverband der CDU Tübingen veranstaltete im städtischen Kulturamt eine Podiumsdiskussion zum Thema „Integration/Inklusion behinderter Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“. Der Einladung zu der von Elke Picker moderierten Veranstaltung waren rund 60 Personen gefolgt.

 

Die UN-Konvention konkretisiert Menschenrechte im jeweiligen Lebensbereich von Behinderten, sei es bei der Mobilität oder der Bildung. Für Kinder und Jugendliche bedeutet dies das Ende der Sonderschulpflicht, führte Ministerialrat Sönke Asmussen als Vertreter des Stuttgarter Kultusministeriums aus. 

Die Frage für die Zukunft laute daher: „Wie beschulen wir Kinder, die heute in sozialpädagogischen Einrichtungen unterrichtet werden, künftig in allgemeinen Schulen?“

Dabei habe das Land Baden-Württemberg die Nase vorn. Während in anderen Bundesländern die Schulpflicht Behinderter durch die Anwesenheit in sozialen Einrichtungen erfüllt werde, würden im Ländle bereits 29 % der Kinder und Jugendlichen mit sozialpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen unterrichtet. Asmussen weiter: „Wir sollten Gelegenheit schaffen, dass Kinder voneinander lernen.“

 

Neben Ministerialrat Asmussen diskutierten auf dem Podium Sigrid Maichle vom Landeselternbeirat, Klaus Dieter Kübler als Leiter der Kirnbachschule für Geistigbehinderte, Inge Albrecht-Branstner als Leiterin einer Außenklasse der Kirnbachschule in Kusterdingen, die Konrektorin der Pestalozzi-Förderschule, Judith Kohlmann-Kallenberg und Antonie Platz, Geschäftsführerin der Tübinger Lebenshilfe.

 

Die Tübinger Kirnbachschule, so Kübler, habe zusammen mit einer Heidelberger Schule zu den ersten in Baden-Württemberg mit „gemischten“ Außenklassen gehört. Dabei stehe für ihn die Frage nach einem generellen „Schonraum“ für Behinderte nicht im Zentrum. Man müsse vielmehr vom einzelnen Schüler ausgehen. Vereinzelt bräuchten Schüler Rückzugsmöglichkeiten. Das erfordere allerdings nicht, aus ideologischen Gründen allen Schülern mit Behinderung etwas überzustülpen.

 

Ohnehin seien – wie Kohlmann-Kallenberg zu berichten wusste – Kinder „unheimlich tolerant und akzeptieren Behinderte im Umfeld so wie sie sind: Als Person mit bestimmten vorhandenen oder eben fehlenden Fähigkeiten.“ Dies sah auch Maichle so. Es bedürfe der Schaffung einer allgemeinen Rücksichtnahme – Kinder, die integriert beschult würden, lernten das und nähmen es mit ins Erwachsenenleben. Gleichzeitig beklagte Maichle jedoch, dass es viel Kraft koste, Berührungsängste und Vorbehalte bei Erwachsenen im Umfeld Behinderter abzubauen. Sie habe selber ein behindertes Kind im Kindergarten für Nichtbehinderte untergebracht. „Anfangs musste ich um die Aufnahme kämpfen; drei Jahre später bestätigte das Kindergartenpersonal, dass auch die nicht behinderten Kinder sehr viel dabei gelernt haben“, so Maichle.

 

Lebenshilfe-Chefin Platz erklärte, sie wünsche sich, dass Begegnungen zwischen Behinderten und Nichtbehinderten zur Selbstverständlichkeit würden. Davon scheint man in Tübingen noch ein Stück entfernt zu sein. „Ich bin überrascht, wie wenige heute Abend von den allgemeinen Schulen hierher gekommen sind, um zu sagen: Wir brauchen Euch auf dem Podium nicht, denn wir wollen das ja selber machen“, stellte Moderatorin Picker mit Blick ins Publikum nachdenklich fest.