Merkel würdigt politische Erfolge der EVP
Ausdrücklich lobte die Kanzlerin in ihrer Rede, dass sich der EVP-Kongress mit dem Thema Soziale Marktwirtschaft beschäftige. Sie sei "sehr froh", dass die Prinzipien dieses Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells in den Vertrag von Lissabon Eingang gefunden hätten. Dass ausgerechnet in einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise die christlich-demokratischen Formationen so erfolgreich dastünden, habe die politischen Wettbewerber aus den Reihen der sozialistischen Parteien nachhaltig verunsichert, unterstrich die CDU-Vorsitzende.
Nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon müsse es jetzt darum gehen, die Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten besser zu koordinieren, sagte Merkel weiter. Auch größere Forschungsvorhaben im Bereich der Elektromobilität, der Gesundheit oder der flächendeckenden Versorgung mit schnellen Internetverbindungen sollten nur noch in enger europäischer Kooperation erfolgen. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass die europäischen Nationalstaaten von einem Wettbewerber wie China abgehängt würden. Mit Blick auf den Klimagipfel in Kopenhagen betonte die Kanzlerin, die Europäische Union müsse ihrer Vorreiterrolle nachkommen und ein gerechtes Abkommen durchsetzen helfen. Alle Länder sollten Verpflichtungen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit übernehmen.
Gröhe: CDU bekennt sich zur Zusammenarbeit in der EVP
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hatte bereits am Mittwochabend die wachsende Bedeutung des Europäischen Parlaments nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon begrüßt. Auch auf der Weltbühne könne die EU künftig mit einer Stimme sprechen. "Wir müssen diese neuen Möglichkeiten aktiv gestalten", forderte der Generalsekretär und plädierte für eine noch engere Abstimmung der EVP und ihrer Mitgliedsparteien. Als ersten Schritt unterstütze die CDU die Initiative zu einer engeren Abstimmung der Fachminister vor den Sitzungen des EU-Ministerrats. Gröhe erinnerte daran, dass die EVP und ihre Mitgliedsparteien die tragende Kräfte in Europa seien: So gehörten die Präsidenten des Europäischen Rates, der Kommission und des Europaparlaments, außerdem die meisten Regierungschefs, zur EVP-Parteienfamilie.
Rüttgers: Ein freier Binnenmarkt braucht Regeln für das Soziale
Zu Beginn des zweitägigen Kongresses hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers der These widersprochen, Europa werde im 21. Jahrhundert zurückfallen. "Ich bin vom Gegenteil überzeugt", versicherte er. Denn nur Europa stehe "für die Verbindung von freiheitlicher Wirtschaftsordnung und solidarischer Gesellschaftsordnung". Diese europäische Kernidee müsse "sowohl gegen einen entfesselten Turbokapitalismus als auch gegen einen autoritären Staatskapitalismus verteidigt werden". Das Geld werde dahin fließen, wo es klare und einfache Regeln gebe. "Und das wird die Eurozone sein", sagte Rüttgers.
In diesem Zusammenhang forderte der Ministerpräsident von den Europäern mehr Engagement zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte. Sie dürften sich die Spielregeln der Weltwirtschaft nicht von außen aufzwingen lassen. "Wir brauchen eine unabhängige Banken- und Finanzaufsicht auf europäischer Ebene, damit sich die Krise nicht wiederholt", mahnte Rüttgers. "Notfalls" müssten die Europäer diese Reformen auch ohne Mitwirken der USA auf den Weg bringen.
Peter Hintze bleibt EVP-Vizepräsident
Neben dem EVP-Präsidenten standen auch die Neuwahl des Generalsekretärs, der zehn Vizepräsidenten und des Schatzmeisters auf der Tagesordnung: Generalsekretär Antonio López-Istúriz wurde mit 81,5 Prozent der Stimmen wiedergewählt, Schatzmeister Ingo Friedrich (CSU) wurde mit 91,2 Prozent im Amt bestätigt. Das beste Ergebnis der zehn EVP-Vizepräsidenten erhielt Peter Hintze. Für den Staatssekretär für Wirtschaft und Technologie und Beauftragten für Luft- und Raumfahrt votierten 386 Delegierte.